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Joss Bachhofer · Albert Lohr

SECOND THOUGHTS ON CHRISTIAN ART
OH MY GOD

Am 24. April hätte im Kunstverein Landshut die Eröffnung einer gemeinsamen Ausstellung der Münchner Künstler Albert Lohr und Joss Bachhofer stattfinden sollen. Leider muss in Zeiten von Corona auch diese Ausstellung auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Hier veröffentlichen wir ersatzweise, was die beiden Künstler vorgehabt hätten:

Joss Bachhofers „hybride Fotografien“ sollten präsentiert werden auf Tapetenvlies mit manuellen Hochdrucken von Albert Lohr. Als hybride Fotografien bezeichnet Bachhofer die Verschmelzung von Fotografie und technischer Bearbeitung. SW- Laserausdrucke der Fotografien werden mit Pigmenten, Pastellkreiden, Gipsmilch und Öl getränkt und übermalt, bis schließlich eine freskohafte Anmutung entsteht. Bei den mit All- Over-Musterung gestalteten Tapeten von Lohr handelt es sich meist um Linolschnitte. Lohr lädt bisweilen Künstlerkollegen ein, sich auf seinen Hintergründen zu präsentieren. Bei der Ausstellung „vis à vis“ im Kunstverein hatte er mit Ekkeland Goetze zusammengearbeitet, der seine Erdbilder zur Installation beitrug.

Für dieses Projekt soll das schwülstig verklärende Pathos früher christlicher Ikonografie konterkariert werden mit ernüchternden Fragen zur Ethik unserer Tage. Bachhofer setzt seine überarbeiteten Abzüge historischer Gemälde auf Lohrs Tapeten, deren Musterdetails sich bei genauem Hinsehen mit aktuellen Themen wie Kriegsführung mit Drohnen, Rassismus oder Klonen befassen.
Die meterlangen Muster, die raumgreifenden Ansichten, überwältigen beinahe körperlich. Albert Lohr selbst erklärt: „
Meine Arbeit ist für mich sowohl eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Abstraktion, wie auch die Thematisierung des Rhythmischen, des Ornaments als strukturelles Ordnungsmuster digitaler Bildwelten. Dieses All-Over setzt radikal Alles mit Allem in Beziehung.“
Nicht nur Zeichen im endlosen Rapport, auch rätselhafte Buchstabenfolgen finden sich auf von Lohr gestalteten Wänden, wie beispielsweise das sogenannte „SATOR - Quadrat“, das man als magisches Quadrat horizontal und vertikal, vorwärts und rückwärts lesen und sehr unterschiedlich deuten kann:

S A T O R Sämann, auch Schöpfergott
A R E P O OPERA rückwärts: Unsinnswort? Eigenname?
T E N E T hält
O P E R A Werke / mit Mühe
R O T A S Räder (Akkusativ Plural)

Unter anderem erhielt der Satz im frühen Christentum eine religiöse Bedeutung, etwa: „Gott hat die Welt ausgesät und hält die Räder des Weltalls in Händen.“
Joss Bachhofer erklärt seinen Beitrag, die hybriden Fotografien, folgendermaßen:

„Die Idee zu dieser Serie von Bildern kam mir nach einem Besuch im Nationalmuseum in Barcelona. Es gab dort eine große Ausstellung über gotische Kunst. Mir fiel sofort die geradezu verliebte Einstellung der Künstler und der Zeit zu Gewalt auf.
Ich stelle mir einen jungen Menschen vor, in diesem Fall z.B. aus Amerika oder England, gebildet, aber aus irgendeinem Grund nicht bewandert in christlicher Mythologie und Ikonografie. Seine erste Reaktion auf diverse dargestellte Grausamkeiten ist der obligatorische Ausruf des Erstaunens, Erschreckens und der Verwunderung: Oh my god! Vollkommen säkular gebraucht. Er, oder sie, überlegt sich, was die Darstellungen denn bedeuten könnten und stellt sich Fragen zu den Motiven: "It's so rewarding ? ", "It's so queer?", "It's so technical?"

Eigentlich ist das nur ein kleiner Kunstgriff: eine allgemeine Annahme beiseite zu lassen, einen etwas anderen Betrachtungswinkel einzunehmen, und schon wird die Wahrnehmung selbst in Frage gestellt... Ich stelle in diesen Bildern, die ja fast allesamt Ikonen der Kunstgeschichte sind, vor allem eine Frage zu ihrer Rezeption... Ich mache es also ähnlich wie der fiktive Amerikaner zu Beginn der Ausführung.“

Für sein Projekt fand Bachhofer natürlich Beispiele nicht nur bei den Malern der Gotik, drastische Darstellungen grausamer Martyrien waren auch in späteren Epochen beliebt.
Und sie sind es noch heute, nur in anderen Medien wie dem Horrorfilm. Die Ausstellung untersucht nicht zuletzt die wohlige „Angstlust“ des Betrachters fiktiver Brutalität, obwohl doch die Realität oftmals noch viel grausamere Szenarien von Kriegen, Terroranschlägen, Flucht und blutigen Unfällen bietet.

Beispiele von Joss Bachhofer nach
Caravaggio, David mit dem Kopf von Goliath, 1610, Galleria Borghese, Rom
Rembrandt, Abraham Isaac, 1635, St.Petersburg
El Greco, Peter & Paul, ca.1590, Nationalmuseum, Barcelona

Mixed Media auf Papier („hybride Fotografie“), je 70 x 50 cm

Albert Lohr und Joss Bachhofer:


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